Regine Steenbock
LANDS OUTSIDE

Shanghai Fashion Week (1969)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

19.10.17 Shanghai hat die Nase vorn

 

Verglichen mit meinem Besuch vor 10 Jahren sieht die Stadt aus wie von einem kräftigem Sandstrahlgebläse poliert.Es ist gerade Shanghai Fashionweek und da ich mich in den nächsten 3 Wochen auf meiner Reise durch Guizhou hauptsächlich  rückwärts bewegen werde, gehts jetzt erstmal vorwärts.

The Tube: der showrooms mit jungen chinesischen Modelabels versteckt sich überm veganen Restaurant ( da ist die Nase wirklich vorne!) Alle jungen Designer werben mit ihrem Studium at Parsons in N.Y und St Martin in the Fields. Betont internationale Modesprache chinesischer Prägung: dick und poppig aufgetragen, made in Shanghai. Man achtet auf gute Verarbeitung und selbstbewußte Preise. Überhaupt scheint Selbstbewußtsein das große Thema. Die Auslegung allerdings etwas kryptisch : eine römische Büste, die im Digitaldruck mit Absperrband mundtot gemacht wird trägt den Sinnspruch „Keep yourself“

T-shirtaufdrucke mit

Hello Stranger.

I dont want a wedding.

But I want a baby.

Um die Eigenheiten chinesischer Prägung besser zu verstehen, ersteigere ich auf dem Schwarzmarkt unter gönnerhafter Anleitung einer platinblond-perückten Dame mit blickabwehrendem Gestell auf der hohen Nase, eine Karte für eine Modenschau. Habe keine große Wahl: AK – the Art of War – na gut, klingt interessanter als die Brautschau danach.

Ich hab noch Zeit und befinde mich nebst teuren Designershops und aufgebrezelten Restaurants im geschichtsträchtigem Quartier, in der die Kommunistische Partei 1920 ihre Gründungssitzung abhielt. Der Eintritt in die Gedenkstätte mit dem hinterbliebenem Teegeschirr ist frei, der touristische Andrang des weither gereisten Volkes groß. Das Teegeschirr hatte ich noch kürzlich in verschwommenen Schwarz-Weiß in Antonionis Dokumentarfilm über China von 1974 gesehen . Vielleicht das einzige was seitdem einigermaßen unverändert dasteht . Der große Vorsitzende wird nur sehr nebensächlich erwähnt.. Könnte glatt passieren, dass er in Vergessenheit gerät..

Vor mir auf der Straße spaziert eine hippe, offensichtlich gut betuchte chinesische Kleinfamilie: der kleine Junge mit bestickter Bomberjacke trägt Trump profound aufm Rücken.

Kurz vor der Modenschau stellt sich die platin-perückte Dame dann noch eiskalt vor einem Heer von Fotografen auf . Sie rutschen ihr auf Knien ans Leder und lichten alles ab von der Schuhsohle bis zum Kunsthaarscheitel . Schamlos läßt sie `s über sich ergehen.

The art of war präsentiert sich mit kunstseidenen Fallschirmen und transparenten Höschen im Schlepptau.

Mein Herz schlägt aber noch für die drei Grazien , die sich heute morgen an einem unpolierten Nebenschauplatz vertraulich im Schlafanzug über die Straße bewegten.